Steuern

Rückwirkende Besteuerung von Erstattungszinsen mehr als zweifelhaft!

Es gibt Regelungen im deutschen Steuerrecht, die das Gerechtigkeitsempfinden auf ärgste strapazieren. Hierzu gehören die Besteuerungsregelungen für Erstattungs- und Nachzahlungszinsen. Erhält der Steuerzahler vom Finanzamt Erstattungszinsen ausgezahlt, weil er lange auf seine Steuererstattung warten musste, sind diese nach dem Willen des Gesetzgebers als Kapitaleinkünfte zu versteuern. Muss er hingegen Nachzahlungszinsen an das Finanzamt entrichten, weil er seine Steuernachzahlung erst lange nach Ablauf eines Veranlagungszeitraums leistet und ohne Verzinsung einen Zinsvorteil einstreichen würde, darf er diese Zinsen nicht steuermindernd abziehen. Nachdem sich der Bundesfinanzhof in 2010 gegen die Besteuerung von Erstattungszinsen ausgesprochen und somit faktisch gleiches Recht für alle hergestellt hatte, versuchte der Gesetzgeber, die Besteuerung von Erstattungszinsen über eine Neuregelung im Jahressteuergesetz 2010 wieder herzustellen. Er regelte rückwirkend für alle offenen Fälle, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt war, dass Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern sind. Mit dieser Gesetzesänderung, die als „Klarstellung“ umschrieben wurde, sollten alle Zweifel an der Besteuerung ausgeräumt werden.

Rückwirkende Besteuerung von Erstattungszinsen mehr als zweifelhaft!

Doch nun äußert sich die Rechtsprechung erneut skeptisch. Der Bundesfinanzhof entschied, dass auch die Rechtmäßigkeit dieser neuen Besteuerungsregelungen ernstlich zweifelhaft ist - insbesondere wegen der vorgesehenen Rückwirkung. Er ließ daher die Aussetzung der Vollziehung zu, so dass eine Steuernachzahlung, die aus der Versteuerung von Erstattungszinsen resultierte, vorerst nicht geleistet werden muss. Hinweis: Eine abschließende Klärung dürften erst zwei Verfahren bringen, die beim Bundesfinanzhof anhängig sind. Sofern Erstattungszinsen der Versteuerung unterworfen werden, ist ein Einspruch gegen die Festsetzung angezeigt verbunden mit einem Antrag auf Ruhen des Verfahrens. Auch ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist erfolgversprechend.

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